Montag, 3. März 2008

Trade: Die Cavaliers rüsten um


In letzter Sekunde vor der nahenden Trade Deadline fädelten die Cleveland Cavaliers einen 3-Team-Deal mit insgesamt elf Spielern ein. Sie wurden von den Medien, aber auch von ihrem Star LeBron James, zum Handeln gedrängt. Auslöser war schlussendlich aber, dass man Larry Hughes traden konnte und dafür perspektivische Verträge bekam.

Der Trade im Detail:



Cleveland erhält: Ben Wallace (15,5 Millionen, von Chicago), Joe Smith (5,2 Millionen, von Chicago), Wally Szczerbiak (von Seattle, 12 Millionen), Delonte West (1,9 Millionen, von Seattle), 2009er 2nd Round Pick (von Chicago) / oder 34,6 Millionen Gehalt (30 Mio abgegeben)

Chicago erhält: Larry Hughes (12 Millionen, von Cleveland), Drew Gooden (6,4 Millionen, von Cleveland), Cedric Simmons (1,6 Millionen, von Cleveland), Shannon Brown (1,0 Millionen, von Cleveland) / oder 21 Millionen Gehalt (22,3 Mio abgegeben)

Seattle erhält: Donyell Marshall (5,6 Millionen, von Cleveland), Ira Newble (3,4 Millionen, von Cleveland), Adrian Griffin (1,6 Millionen, von Chicago) / oder 10,6 Millionen Gehalt (13,9 Mio abgegeben)

Die Gründe für Cleveland:



Kein Jason Kidd, kein Mike Bibby. Sondern Delonte West. Auch nach dem Trade fehlt LeBron James der Side-Kick, die große Entlastung beim Scoring. Dafür bekam er aber zwei ansprechende Rotation-Spieler für den Frontcourt und zwei Shooter für den Backcourt. Der Frontcourt wurde defensiv gestärkt und es gibt mehr Kadertiefe. Shooter sind nützlich, aber West und Szczerbiak werden die Perimeter-Defense viel zu anfällig machen, als dass man hier von einem ausgereiften Mannschaftsgefüge sprechen könnte.

Das wars zum Spielerischen, denn von diesen vier Spieler werden schon in den Playoffs 2009 mindestens zwei keine Cavaliers mehr sein. Denn der Trade diente vor allem der langfristigen Möglichkeit einen wirklichen zweiten Impact-Spieler zu bekommen und nicht um dieses Jahr die Championship einzufahren. Natürlich beschwert sich niemand über einen weiteren Run in die Finals; aber erwarten sollte ihn ebenfalls keiner.

Mit Cleveland war nichts los. Enttäuschende Bilanz, ein unausgereiftes Roster und zu wenig Assets um einen Blockbuster-Deal zu landen. Dazu kam die Belastung durch den Vertrag von Larry Hughes, der von Anfang an nicht in das Spiel der Cavs passte und als Sidekick zu LeBron die denkbar unpassendste Alternative der damaligen vier SG-Free Agents (Ray Allen, Michael Redd und Joe Johnson unterzeichneten ebenfalls neue Verträge im Sommer 2006). Die einzige Möglichkeit einen solchen Spieler loszuwerden ist es, sich einem ähnlich unglücklich verlaufendem Signing anzunehmen: Auftritt Ben Wallace - Ähnlich unpassend bei den Bulls wie Hughes in Cleveland und ähnlich unzufrieden.

Beide Spieler stellten negativen Trade-Wert dar, aber an die vergangenen spielerischen Erfolge der beiden, kann man in der Liga zurückerinnern. Also kommt es zu einem Trade, bei dem die beteiligten Franchises erhoffen, der frische Wind des neuen Umfelds würde alte Leistungspotenziale aufwecken und den negativen Wert des Assets Hughes in einen neutralen Wert Wallace umwandeln. In der nächsten Saison wissen wir, ob es was gebracht hat. Ansonsten gilt halt hartnäckiges Durchhalten, bis Wallace' Vertrag ausläuft.

Viel wichtiger für die kurzfristige Kaderplanung ist aber ein anderer Spieler im Paket: Szczerbiak ist nächste Saison ein 12-Millionen-Dollar-Expiring. Einer der wertvollsten Verträge der Saison 2008/2009. Zusammen mit den auslaufenden 6 Millionen von Eric Snow kann Cleveland jeden Contract in der Liga matchen. Hoffnungsvolle Zeiten brechen also in Ohio an (natürlich nur sportlicher Natur, vom Immobilien-BubbleBust wird sich die Region erstmal nicht erholen). Und ich bin mir sicher, dass General Manager Ferry diese Trading Chips gewinnbringend eintauschen wird. Vielleicht wird Michael Redd schlussendlich doch noch nach Ohio zurückkommen? Sowenig ich mich eigentlich aus dem Fenster rauslehnen mag, diesen Trade halte ich in der ein oder anderen Variante für fast unausweichlich (Szczerbiak, Snow und Perspektive für Redd, Gadzuric oder Simmons).

Bereits diese Saison laufen die Verträge von West (Restricted FA) und Smith aus. West könnte evtl. ein Cav bleiben, wenn nicht irgendein GM die volle MLE für ihn bieten sollte (was ein Fehler wäre). Für 3 Jahre, 12 Millionen ist er aber ein solider BackUp-Combo-Guard.

Die Gründe für Chicago:



Manchmal passiert beim Verpflichten eines Free Agents, dass man zu sehr darauf achtet, die Konkurrenz zu schwächen. Manchmal passiert es, dass man einfach zum falschen Zeitpunkt Capraum hat. Das war die Essenz eines Teils der Tragik, die nun die Folge eines katastrophalen GM-Jahrs 2006/2007 von Paxson geworden ist.

Mit Hughes hat man nun endlich einen Slasher, einen großen SG. Der könnte sogar zusammen mit Ben Gordon einen Backcourt formen (wenn man einen starken Initiator auf einer der Forward-Positionen hätte, hallo Pau Gasol...).. oder im Notfall mit Kirk Hinrich. Einer der beiden wird allerdings schon bald ein anderes Trikot tragen.

Gooden, Deng und Nocioni klingt dagegen schon etwas harmonischer und könnte tatsächlich eine vernüftige Rotation auf SF/PF sein. Aber auch nach 10 Jahren ohne Michael Jordan fehlt es in Chicago immer noch an einem Franchise-Spieler und es ist einfach eine Schande, dass man es versäumt hat, die Assets für einen einzutauschen. Jetzt hat man fast gar keine Assets zur Verfügung (TT hat ein mieses Image, Noah und Gray zu wenig Talent als das ein anderes Team Wertvolles dafür abgeben würde) und immer noch keine Lösung für die aufgeschobenen Vertragsverhandlungen mit Gordon und Deng.

Ich selbst habe wenig Hoffnung für den wirklich großen Wurf in Chicago. Es gibt ein paar tolle Rotation-Spieler und mit Deng, Hughes und Gordon auch Spieler, die eine gute dritte Option bei einem Contender abgeben würden... aber es fehlt nunmal der Kern, der das Team in der Offense und der Defense zusammenhält. Eine Möglichkeit einen solchen Spieler zu bekommen ergibt sich erst wieder, wenn man Hughes' oder Hinrich's Vertrag in einen auslaufenden und Tyrus Thomas Potenzial in Leistung verwandelt hat. Bis dahin wird Chicago keine große Aufmerksamkeit erfahren, die die Franchise eigentlich verdient gehabt hätte. Aber ein zu stolzer GM und ein zu geiziger Besitzer haben dies zu verhindern wissen.

Die Gründe für Seattle:



Bill Simmons nennt das Team bereits die "Seattle Expiring Contracts", nicht zuletzt wegen diesem Trade. GM Presti schafft es vorzüglich, den Wunsch seines Besitzers nachzukommen, den Kader des Teams möglichst zu verflüssigen. Maxime ist jung und günstig, kurze Verträge und Draft Picks. Außerdem schaffte man es weitere drei Millionen Dollar zu sparen (Gehalts-Differenz beim Trade).

Doch auch sportliche Ziele gibt es... natürlich Langfristige: im Sommer 2009 wird man zwei Free Agents abgreifen (darunter ein starker Point Guard), die der großen Konkurrenz von 2010 (LeBron James & Co.) ausweichen wollen. Außerdem hat man dann die Möglichkeit ein oder zwei der bis dahin vier gedrafteten 1st Round Rookies zu traden um ein starkes Team um Kevin Durant aufzubauen.

Presti hat es zwar ausnahmsweise nicht geschafft, einen Pick aus diesem Deal herauszubekommen (Glückwunsch Richtung Cleveland), aber er hat seinem Vorgesetzten einen leckeren Trade zum Geld-sparen vorgelegt, der sich wiederum später (also 2009/2010), wenn die Franchise schon längst in Oklahoma City sein wird (Skandal!), sich hoffentlich spendabel zeigen wird. Bis dahin werden die Sonics aber nur in den Schlagzeilen sein, wenn es um Relocation und Draft Picks geht. Ich selbst rechne also eher nicht, dass in nächster Zeit viele Einträge mit dem Label "Sonics", oder wie auch immer die Franchise in OKC dann heißen mag, dazukommen werden. Also bis nächstes Jahr, [Sonics]!

Fazit:



Wer erinnert sich an den Trade von Wally Szczerbiak gegen Mark Blount und Ricky Davis?

Zwei desperate Franchises helfen einander sich von großen Fehlern zu befreien. Der damalige Sieger steht fest. Wie schaut es also hier aus? Schaut man auf die wechselnden Spieler und das zukünftige Potenzial Clevelands ist die Antwort relativ klar. Ich selbst habe auch keine verwegenen Ideen, wie Chicago in zwei Jahren besser als die Cavs dastehen sollte (mal vom Super-Gau einer ausbleibenden Vertragsverlängerung von LeBron James abgesehen). Cleveland ist gut aufgestellt und tätigt die richtigen Schritte um einen langsamen Umbau des Teams um LeBron voranzuführen. Wenn dessen Vertragsverlängerung ansteht, wird wahrscheinlich Michael Redd in Cav sein und Zydrunas Ilgauskas und Ben Wallace die nächsten wertvollen Verträge sein. Wenn man mit einem dieser Verträge dann noch einen starken Verteidiger mit akzeptablem Offensiv-Spiel für den Frontcourt finden kann, wird James sicherlich ein Cav bleiben. Ferry hat hier einen starken Fang gemacht (inklusive 2nd Rounder von Chicago um vielleicht einen kleinen Draft-Day-Deal zu machen).

Chicago wechselte dagegen seit dem Auslaufen des Vertrags von PJ Brown in eine schwache Handlungsposition und wird Zeit und wiederkehrenden Erfolg benötigen, um wieder hoffnungsträchtige Trades vollziehen zu können. Seattle manövriert sich weiterhin kontrolliert ans Ende der Tabelle für einen sportlich-eleganten Umzug, der bis dato äußerst vielversprechend abläuft.


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