Montag, 4. Februar 2008

Trade: Lakers schnappen sich den "echten" Gasol

Der erste Trade im Jahr 2008 kam vor allem überraschend. Jason Kidd war das Zentrum der Trade-Gerüchte in der Basketballwelt, als er von den New Jersey Nets einen Wechsel erbat. Doch abgesehen von Kidd gab es noch andere All-Stars, die in der letzten Zeit auf dem "Block" waren. Neben Jermaine O'Neal und Ron Artest: Pau Gasol. Gerüchte um einen Trade waren während der letzten Saison am lautesten, als Jerry West (damaliger GM der Memphis Grizzlies) von den Bulls sowohl Luol Deng als auch Ben Gordon als Gegenwert für den Spanier einforderte. Plötzlich und völlig unerwartet wechselte zu einem vergleichsweise günstigen Preis Gasol nun nach Hollywood:

Der Trade im Detail:



Von Memphis nach Los Angeles: Pau Gasol (13,8 Millionen), 2nd Round Pick 2010

Von Los Angeles nach Memphis: Kwame Brown (9,075 Mill.), Javaris Crittenton (1,285 Mill.), Aaron McKie (1,1285 Mill. / davon 750.000 garantiert), Rechte für Marc Gasol, 2008 1st Round Pick (Top 3 geschützt), 2010 First Found Pick (Top 6 geschützt), 3 Millionen Cash

Der Trade aus Sicht von Los Angeles:



Hier gibt es wirklich nicht viel zu erklären. Wer diesen Deal nicht macht, der ist nicht daran interessiert mehr Basketballspiele zu gewinnen. Los Angeles ersetzt den soliden Verteidiger aber hoffnungslosen Offensiv-Spieler Kwame Brown mit Pau Gasol, der dem ersten Pick von 2001 in allen Aspekten des Spiels überlegen ist und zudem noch der nicht zu unterschätzenden spanisch-sprachigen Bevölkerung von Kalifornien als Identifikationsfigur dienen kann. Mitch Kupchak formulierte es, sich des Neids seiner Mitbewerber in der Liga sicherlich bewusst, allerdings vorsichtiger: "We were hesitant to do anything while we were playing so well before Andrew got hurt..."

Man mag kaum glauben, dass die Belastung auf die Team-Chemie diesen Trade hätte verhindern können. Viel eher ist es wiedermal ein Big-Market-Team das es sich leisten kann und will, die Luxury Tax zu bezahlen, um teure aber auch wertvolle Spieler von sparsamen Franchises zu ertraden. Ein Blick auf die Gehaltstabelle der Lakers zeigt, dass das sie sich mit Gasols Vertrag bis ins Jahr 2011 die Luxury Tax leisten werden müssen. Doch LA gehört zu den Städten, die es sich auch leisten können. Nimmt man also Gehaltsausgaben aus der der Berechnung, zeigt sich, dass die Franchise sehr gut für die Zukunft aufgestellt ist. Der wichtigste "Chip" in der nächsten Zeit wird Lamar Odom sein, der LA das fehlende Puzzle-Stück für einen weiteren Titel bringen könnte.

Doch es ist relativ unwahrscheinlich, dass Odom noch während dieser Saison wechseln muss. Aufgrund der Verletzung von Andrew Bynum wird Odom hauptsächlich als Power Forward spielen und Pau Gasol als Center. In Zukunft wird neben Bynum und Gasol aber kein Platz für Lamar Odom als Small Forward sein. Sein Wert als Back-Up für die beiden wäre Verschwendung, sein Einsatz als Small Forward taktisch einfach nicht sinnvoll. Gasol und Bynum machen den Korb für die Offense so dicht, dass die Offense der Lakers vor allem mit FloorSpacing vom Small Forward unterstützt werden muss. Odom ist allerdings kein zuverlässiger Shooter. Und auch in der Defense kann er die kleineren, explosiven Forwards nicht halten. Die Verletzung von Bynum ermöglicht aber immerhin, das Duo Gasol/Odom zu testen und dann in den Playoffs zusammen mit Bynum sogar den Triple-Frontcourt eine Chance zu geben. Dennoch wäre ein Halten von Odom überraschend. Odoms Game wird von Gasol abgedeckt, seine starkes Rebounding auf der Drei zu wenig genutzt und das schnelle Umschalten in die Offense durch ihn verlangsamt.

Die Stärken von LA liegen in dieser Saison vor allem im Rebounding und in der Offense. Die Defense ist noch nicht titel-fähig. Vor allem der amtierende Champion San Antonio scheint LA nicht zu liegen. Gasol wird regelmäßig von Duncan verfrühstückt, die Schnelligkeit von Parker bekommt Derek Fisher nicht und für Kobe Bryant hat man immerhin Bruce Bowen. Doch die Weichen sind gestellt. Dieses Jahr wird LA in den Playoffs zumindest die zweite Runde erreichen und dann in der Offseason mit dem überaus wertvollen auslaufenden Vertrag von Lamar Odom auf dem Transfermarkt zuschlagen um der Starting 5 den letzten Feinschliff zu geben.

Der Trade aus Sicht von Memphis:



Wer diesen Deal macht, der ist nicht daran interessiert mehr Basketballspiele zu gewinnen... Memphis bekommt einen dritten jungen Point Guard. Ich fand Teamsport noch nie so einfach, wie es Chris Wallace hier versuchte zu erklären: "It'll be like locking the three of them in a room. We'll see which two come out, and we'll move the other guy." So wird jedenfalls nicht Team-Spiel, sondern eher Ego-Zock gefördert. Auch folgende Aussage ist eher hanebüchen: "So we're looking at it like we're getting four No. 1 picks." Diese Picks sind zum einen die wirklichen Optionen in 2008 und 2010 und desweiteren eine Wertbetrachtung von Crittenton und (Marc) Gasol. Man kann es aber auch anders formulieren: alle Spieler und Optionen sind späte 1st Round Picks.

Was dieser Trade aber neben vier Fragezeichen bringt ist freigewordener Cap-Space und bares Geld. Aaron McKie wird sofort ausgekauft (übrigens ein "Loophole" was die Liga 2010 schließen sollte und wohl auch wird), Kwame Brown läuft zum Saison-Ende aus und außerdem schickt LA noch das mögliche Maximum an Cash (3 Millionen Dollar) nach Memphis. Ich persönlich erwarte aber nicht, dass der Cap-Space einen ernsthaften Ersatz für Pau Gasol nach Memphis bringen wird. Nächste Saison könnte Marc Gasol dann in Memphis unterschreiben, und als Backup-Center eingesetzt werden. Außerdem hat man noch den Pick der Lakers, der zwischen Position 20 und 25 liegen dürfte.

Allerdings hat es Chris Wallace nicht geschafft, den Vertrag von Brian Cardinal (19 Millionen, 3 Jahre) zusammen mit seinem Franchise-Player zu traden. Ob er das nun noch schafft, ohne wirklich wichtige Assets für den Rebuild aufzugeben dürfte fraglich sein. In Memphis muss man also hoffen, dass Cardinal sich mit wenigen Minuten und wenig Erfolgen zufrieden gibt und gleichzeitig Spaß für das Betreuen der jungen Spieler entwickelt. Er wird also höchstwahrscheinlich auch noch dann im Team sein, wenn Besitzer Heisley es endlich verkauft. Bereits vor zwei Jahren kursierte das Gerücht, die Memphis Grizzlies stünden zum Verkauf. Damaliger Bieter war u.a. Christian Laettner, dessen Investoren allerdings nicht zuverlässig genug für Heisley schienen. Wallace bekam den Auftrag von Heisley, möglichst mobile Werte zu schaffen, die es einem neuen Besitzer ermöglichen, einen schnellen Umbruch nach eigenem Ermessen zu starten. Das erklärt auch, weshalb in diesem Trade kein gestandener Spieler entgegengenommen wurde, sondern nur ein auslaufender Vertrag und der flexible Rookie-Vertrag von Javaris Crittenton.

Folgende Spieler könnten in der nächsten Zeit noch Gegenstand von Trade-Gerüchten sein, um die Mobilisierung der Grizzlies weiter vorranzutreiben: Mike Miller, Brian Cardinal und Hakim Warrick, dessen Vertrag in der nächsten Off-Season verlängert werden kann. Hier folgt zur Übersicht die genaue Gehaltstabelle von Memphis.

Fazit:



Chris Wallace gehört zu den schlechteren GMs der Liga. Seine Zeit in Boston sorgte dafür, dass das Team bei der Amtsübernahme von Danny Ainge kaum handlungsfähig war. Schlechte Drafts (Joe Forte, Kendrick Brown) und noch schlechtere Trades (Vin Baker, Joe Johnson, Chauncey Billups) werfen einen enormen Schatten auf seine Amtszeit bei den Celtics. In Memphis scheint er momentan noch sehr nach den Vorstellungen des Besitzers zu handeln. Aber dieser Trade wird wohl nur bei den wenigsten als ausgeglichen betrachtet. Dafür fehlt einfach der "harte" Gegenwert in der Gleichung. Bekommen hat Memphis nur wage Aussichten und viel Flexibilität, die sie höchstwahrscheinlich erst langfristig für die Beschaffung von guten Spielern verwenden werden. Bis dahin kann man sich bei Memphis auf eine Zeit einstellen, die in etwa mit der Phase zwischen 2003 und 2006 bei den Hawks zu vergleichen ist.

Los Angeles konnte sich hier eine besondere Konstellation am Markt zunutze machen. Es gibt kaum auslaufende Verträge (Kurt Thomas, Theo Ratliff befinden sich bereits bei Franchises im Rebuild) und es gibt immer weniger Teams, welche bereit sind die Luxury Tax zu bezahlen (Jerry Reinsdorf von den Chicago Bulls ist dies z.B. aus unverständlichen Gründen nicht). Dazu kam der neue Coach von Memphis der mit seinem Up-Tempo-System die Effektivität und damit den Marktwert von Gasol einbrechen ließ. Obschon auch Gasol selbst relativ unmotiviert gewirkt hat. Unterm Strich bleibt also ein Big-Market-Team mit einem auslaufenden Vertrag und der Bereitschaft Geld für Erfolg zu investieren. Trading ist manchmal so einfach.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"noch andere All-Stars"
- Gasol war noch nie All-Star.


"In Zukunft wird neben Bynum und Gasol aber kein Platz für Lamar Odom als Small Forward sein."
- Da wäre ich mir nicht sicher.


"sein Einsatz als Small Forward taktisch einfach nicht sinnvoll."
- Odom hat mehrfach erklärt, dass die 3 seine Lieblingsposition ist.


"Doch LA gehört zu den Städten, die es sich auch leisten können."
- Ja, aber wie von dir beschrieben scheint die Entscheidung, Luxury Tax zu zahlen, vom Besitzer und weniger von der Stadt abzuhängen (...Reinsdorf, Chicago Bulls)


"dass Cardinal sich mit wenigen Minuten und wenig Erfolgen zufrieden gibt und gleichzeitig Spaß für das Betreuen der jungen Spieler entwickelt."
- Die Frage ist doch, ob die jungen Spieler "Spaß" daran haben, sich von Cardinal "betreuen" zu lassen.


"Dieses Jahr wird LA in den Playoffs zumindest die zweite Runde erreichen"
- Und wenn sie auf die Spurs treffen in Runde 1?

Jan hat gesagt…

Hallo,

Danke fürs ausführliche Kommentieren!

Gasol war aber bereits All-Star. Keine Punkte, aber 12 Rebounds in 14 Minuten Spielzeit.

Link: http://www.nba.com/playerfile/pau_gasol/career_stats.html

Anonym hat gesagt…

Ja, sorry, Gasol war tatsächlich All-Star...